Crazzolara trat 1900 in Milland bei Brixen in das Missionsseminar der "Verona Fathers" (= "Comboni-Missionare") ein und wurde 1907 zum Priester geweiht.
1908 reiste er nach Khartum im Sudan und später weiter in Richtung Nord-Uganda, wo er ab 1910 in Gulu lebte. Dort gründete er die erste katholische Missionsstation.
1914 kehrte er zum Volk der Schilluk nach Lul im Süd-Sudan zurück.
1916 wurde Crazzolara in Ras-el Tin bei Alexandria interniert und kam 1920 wieder zu den Schilluk zurück, diesmal nach Tonga.
Fünf Jahre später begann er im Zuge seiner Missionsarbeit auf der Station Yoin- yang mit Sprachstudien bei den Nuer. Diese Arbeit mündete in der Veröffentlichung seiner Outlines of a Nuer Grammar, einer Grammatik, die bis zum heutigen Tag bezüglich der Beschreibung der Sprachstruktur als bahnbrechend gilt. Sie wurde zum Hauptreferenzwerk für Missionare und Administratoren.
Eines seiner Hauptanliegen war die Dokumentation von phonetischen Varianten, wobei Crazzolara eine Diskussion von deren Implikationen für die Orthographie vermied. 1932 widmete sich Crazzolara in Wien und London phonetischen und ethnologischen Studien. 1933 kehrte er nach Gulu, 1937 nach Arua in Nord-Uganda zurück, um dort die Sprachen Acholi und Lugbara zu studieren. Nach einer neuerlichen Internierung 1940 und weiteren Aufenthalten in Lira und Arua, begann er in Kangole die Sprache Pokot zu untersuchen. 1975 beendete er seinen Afrikaaufenthalt und starb ein Jahr später in seinem Geburtsort.
Leider ist über Crazzolara noch keine profunde wissenschaftliche Biographie erschienen. Eine italienische Darstellung seines Lebens erschien vor einigen Jahren (vgl. Vittur 2005). Crazzolara verdient vor allem als anerkannter Linguist erwähnt zu werden, der sich intensiv mit einigen Sprachen in Uganda und Sudan beschäftigte.
Im Zuge seiner Arbeit hat er auch mit einem Phonographen Sprachproben auf Wachswalzen verewigt, die er 1933 (41 Stück), 1937 (5 St.) und 1954 (14 St.) dem Phonogrammarchiv in Berlin überließ.
1963 wurde dem Missionar für seine Forschungen der Titel eines Honorary Member of the British Empire verliehen und 1965 "for dedicated service to Africa" die Royal African Society Medal zuerkannt.
BIBLIOGRAFIE
Atkinson, Ronald R. (1994): The Roots of Ethnicity: The Origins of the Acholi of Uganda before 1800. Philadelphia: University of Pennsylvania Press
Crazzolara, Josef Pascal: siehe Werkeverzeichnis
Jungraithmayr, Herrmann/Möhlig, Wilhelm J. G., Hg. (1983): Lexikon der Afrikanistik: Afrikanische Sprachen und ihre Erforschung. Berlin: Reimer: 64
Simon, Arthur, Hg. (2000): Das Berliner Phonogramm-Archiv 1900–2000: Sammlungen der traditionellen Musik der Welt. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung: 232
Vittur, Franz (2005): P. Pasquale Crazzolara e la sua Africa: La storia di un missionario comboniano. San Martino in Badia: Istitut Ladin Micurà de Rü
QUELLEN
Archivio Comboniani, Rom (Italien)
Fachbereichsbibliothek für Afrikawissenschaften und Orientalistik der Universität Wien [handschriftliche Sprachaufzeichnungen; dzt. ohne Signatur; digital verfügbar unter: http://www.afrikanistik.at/pubmat.htm]
WERKEVERZEICHNIS GIUSEPPE [=JOSEF] P. CRAZZOLARA
Crazzolara, Josef Pascal (1932): Beiträge zur Kenntnis der Religion und Zauberei bei den Schilluk. In: Anthropos: 183–211, 881–897
Crazzolara, Josef Pascal (1933): Outlines of the Nuer Grammar. Mödling/Wien: Anthropos-Verlag
Crazzolara, Josef Pascal (11938, 21955): A Study of the Acooli Language, Grammar and Vocabulary. London/New York/Toronto: Oxford University Press
Crazzolara, Josef Pascal (1950–54): The Lwoo, Vol. 1: Migrations, Vol. 2: Traditions, Vol. 3: Clans (=Museum Combonianum Bd. 3, 6 und 8). Verona: Edition Nigrizia
Crazzolara, Josef Pascal (1953): Zur Gesellschaft und Religion der Nueer (=Studia Instituti Anthropos 5). Mödling/Wien: Missionsdruckerei St. Gabriel
Crazzolara, Josef Pascal (1960): A Study of the Logbara (Ma’di) Language, Grammar and Vocabulary. London/New York/Toronto: Oxford University Press
Crazzolara, Josef Pascal (1978): A Study of the Pokot (Suk) Language. Bologna: Edition Missionaria Italiana
verfasst von: Clemens Gütl
* letzte Änderung: 25.01.2010
zu zitieren nach:
Gütl, Clemens (2010): Giuseppe Crazzolara. Verfügbar unter
http://www.afrikanistik.at/pdf/personen/crazzolara_giuseppe.pdf (Zugriff Datum, Seite)
* = bearbeitete und geringfügig ergänzte Fassung des Beitrages: Gütl, Clemens (2007): Crazzolara, Josef (Giuseppe) Pascal (Pasqual[e]), 1884–1976. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band XXVII. Nordhausen: Verlag Traugott Bautz: 292
Wiederveröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verlages Traugott Bautz