Maximilian Reisch
(1912-1985)
 

Artikel als PDF-Datei:

<< zurück zur Personenliste
Verkehrspionier, (Afrika)reisender, Autor. geb. 2.10.1912 in Kufstein (Tirol), gest. 18.01.1985.

Der folgende Text wurde von Max Reischs Sohn für das Projekt "Geschichte der Afrikanistik in Österreich" geschrieben und am 24. Oktober 2008 zur Veröffentlichung auf der web-page www.Afrikanistik.at zur Verfügung gestellt.

Maximilian Felix Gottfried Reisch wird am 2.10.1912 in Kufstein (Tirol) geboren.

Sein Vater: Hans A. Reisch, Großkaufmann und Gutsbesitzer (Sonnleithenhof, Bozen);

Seine Mutter: Anna Sieberer, Hotelierin;

Der gebürtige Tiroler verbrachte seine Schulzeit in Bozen und in Kufstein und legte die Matura an der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) in Mödling bei Wien ab.

Studium der Architektur und Welthandel in Wien (1931 Abschluss des Ingenieurstudiums;

1937, Sponsion zum Diplomkaufmann, 1938 Promotion zum Dr.rer.oec. an der Universität in Wien;

1940 Kriegsdienst in Griechenland, Afrika und Italien; 1944 Kriegsverwundung durch Bombensplitter;

1949 Heirat mit Christiane Seidel, welche ihm zwei Kinder schenkt und in den folgenden Jahren stete Begleiterin auf Expeditionen und Fernreisen wird.

DIE MOTORISIERTEN REISEN DES ÖSTERREICHISCHEN VERKEHRSPIONIERS MAX REISCH

Schon während der Schulzeit unternahm Reisch motorisierte Reisen und schrieb darüber Artikel in der Motorfachpresse. Als Journalist und Schriftsteller machte er sich ab 1930 einen Namen (1930: "Mit 3 PS zum Stilfserjoch"; 1931: "Osterfahrt zum Gardasee"). 1932 erregte seine Motorradfahrt durch Tripolitanien (im heutigen Libyen) großes Aufsehen in der Heimat; erstmals hat ein österreichisches Motorrad den afrikanischen Kontinent befahren. Die Reise wurde später von Max Reisch im Jugendbuch Mit 6 PS durch die Wüste in Romanform aufgearbeitet (Reisch 1956). Die Tätigkeit als Vortragender, später unterwegs in vielen Staaten Europas, beginnt in dieser Zeit. Er hält zahlreiche Lichtbildervorträge in Österreich. Die West-Ost Befahrung von Marokko bis Libyen, ein Vorstoß in die algerische Sahara, erbrachten knapp 10.000 km im afrikanischen Sommer. Neben touristischen Erkenntnissen für Reisen in Nordafrika ist die Erfindung des Tankkoffers und der seitlichen Packtaschen beidseits des Hinterrades als wichtige Erfindung des HTL-Ingenieurs zu verzeichnen.

1933, noch Student an der Universität für Welthandel in Wien erhielt Reisch den Auftrag der heimischen Fahrzeug- und Reifenindustrie (Puch und Semperit) den Versuch zu unternehmen, den fernen Subkontinent Indien, ausschließlich über den Landweg zu erreichen. Die schwierige Aufgabe über 13.000 Kilometer quer durch den Balkan, Anatolien, Mesopotamien, Persien mit den Wüsten von Belutschistan bis nach Indien zu gelangen, konnte nach über 6-monatigen Strapazen erfolgreich abgeschlossen werden. Sein Sozius bei dieser geographischen Expedition war Herbert Tichy. Erstmalig in der Geschichte der Motorisierung hat ein Motorrad auf dem Landweg Indien erreicht. Darüber schreibt Reisch das Buch Indien, lockende Ferne (Reisch 1949).

Als Expeditionsleiter der Weltfahrt 1935/36 mit dem "Asien-Steyr" (Erstdurchquerung Hinterindiens) findet er weltweite Anerkennung.

In den Kriegsjahren 1939—1945 wird Max Reisch zuerst 1940/41 als "Wehrmachtsredner" an die West-Front geschickt, 1942 als "Technischer Kriegsverwaltungs-Rat" im Afrikakorps nach Bengasi. In Nordafrika ist er für rund 800 Fahrzeuge im Nachschub verantwortlich (Einsätze: Cyrenaika, Marmarica bis in das ägyptische Hinterland, im Matmatagebirge von Tunesien). Tausende Kilometer auf "Suchfahrten" zur Erlangung von zurückgelassenen Fahrzeugen, zum Auffinden von versteckten englischen Nahrungsmittel- oder Benzindepots, führte Max Reisch in die Frontentlegene Tiefe der libysch-ägyptischen Wüstenzone in der nördlichen Sahara (Bir Kenayis, Katara-Senke, Siwa). Nach 18 Monaten flüchtete er aus Afrika mit einem Boot nach Sizilien. Reisch schreibt später darüber das Buch Mausefalle Afrika (Reisch 1962a).

Von 1946 bis 1950 führte Diplomkaufmann Dr. Max Reisch zusammen mit seinem älteren Bruder Hans F. Reisch die väterliche Handels-Firma (Gründung der SPAR-Großhandelskette).

Der talentierte Motorsportler erringt als erster Tiroler auf Anhieb 1950 den "Rallye"-Staatsmeistertitel (OSK-Pokal). Durch sein Bestreben, die Expeditionsfahrzeuge der Nachwelt zu erhalten, wird Max Reisch zu einem der ersten Oldtimer-Sammler in Europa. Als passionierter Weinherr erfolgte nach dem Krieg der Aufbau des kriegszerstörten Familien-Weingutes "Sonnleithen" in Südtirol. Reisch arbeitet für "Welt-Verlage", wie Ullstein und Brockhaus, ist Motorsport-Journalist (Mille-Miglia 1950) und verfasst zahlreiche Beiträge für in- und ausländische Medien. Als freischaffender Konstrukteur und Erfinder (Patentanmeldung 1947 "Stahlcabriolet") entwickelt er 1949/50 bei den Jenbacher Werken in Tirol das wohl erste moderne Wohnmobil Europas ("Jenbacher-Gutbrod"). 1951 unternimmt er eine erfolgreiche "Probefahrt" an den Polarkreis, worauf 1952 die Fahrt nach Kuweit an den Persischen Golf folgte. Das, für "Ungläubige" verbotene Saudi-Arabien war das geheime Ziel dieser Expedition. Der diplomatischen Beharrlichkeit von Max Reisch verdankt man schlussendlich einen Empfang im Königspalast von Er Riad. Darüber schreibt er wieder zwei Bücher: Im Auto nach Kuweit (1953) und König im Morgenland (1954) berichten über diese Reise.

1953 unternimmt Reisch als erster touristischer Konsulent des ÖAMTC zur Erforschung zukünftiger touristischer Möglichkeiten und auf der Suche nach Spuren seines Kriegsaufenthaltes in Tunesien und Libyen eine Reise nach Nordafrika. Den ersten Teil der Reise widmet Max Reisch ganz den touristischen Zielen in Tunesien (Tunis, Kairouan, Gafsa, Tozeur, Douz, Matmata, Medinine) der zweite Teil der Reise führt nach Libyen (Gadames, Sinaoun, Nalout, Tripolis). Mit seiner Frau Christiane veröffentlicht er das Buch Auf nach Afrika (Reisch 1957).

1955/56 startet Max Reisch, erneut begleitet von seiner Frau, die nächste landeskundliche Fahrt: Mit einem gewöhnlichen PKW geht es durch die drei Wüsten Ägyptens: die Westliche Wüste (Katara-Senke, Orakel-Oase Siwa), die Östliche Wüste (pharaonische Goldbergwerke, Wadi el Sid, Luxor) und die Wüste Sinai (Katharinenkloster, Berg Moses). Die Erlebnisse dazu können im Reisebuch Siwa, Sinai und Sid nachgelesen werden (Reisch 1958).

1958 folgte eine Autoexpedition auf den Spuren der "Heerscharen Alexanders des Großen" von Europa bis zum indischen Subkontinent (veröffentlicht unter dem Titel Strasse der Zehntausend, s. Reisch 1962b).

1961 unternahm Max Reisch seine letzte Forschungsreise mit einem privaten Kraftfahrzeug (mit Camping-Anhänger). Auf den Spuren des Ersten Kreuzzuges ging es, teilweise auch auf den historischen Römerstrassen, bis nach Jerusalem, das geschichts-geographische Buch Straße des Glaubens berichtet von dieser, auch touristischen, Fernfahrt.

Der Orientfachmann und Geograph organisierte ab 1962 geführte Gruppenreisen für den aufkommenden Bustourismus (Naher Osten, Indien, Sahara, etc). Bei seiner Vortragstätigkeit (über 700 Vorträge in 50 Jahren) weiß er stets die Jugend für ferne Länder und das Reisen zu begeistern. Seinen ersten Dia-Vortrag hält er 1934 in der Aula der Universität in Wien. Den letzten Vortrag schenkt er 1984 seiner stets geliebten Heimatstadt Kufstein, getreu seinem Wahlspruch: "Die Heimat schätzt nur der, der viel von der Welt gesehen hat."

1971 wird Maximilian Reisch durch den österreichischen Bundespräsidenten der Ehrentitel "Prof. hc." Verliehen.

Die letzte Fernreise führt Max Reisch 1981 nach Indonesien und er widmet sich in den späten Lebensjahren der Gründung des "Max Reisch-Orient-Archiv" in Kufstein.

Aus der Feder von Max Reisch stammen insgesamt 10 Reisebücher, 3 Reiseromane für Jugendliche und der Bildband Karawanenstrassen Asiens (Reisch 1974).

Am 18. Jänner 1985 stirbt der Verkehrspionier, der die Wüste so liebte, im Alter von 72 Jahren. Er selbst sagte: "Ich bin zufrieden, denn ich bin 102 Jahre geworden. Die Jahre in der Wüste zählen doppelt!"

BIBLIOGRAFIE

Anonymus (1954): Personenregister. In: Who’s Who in Austria. Zürich: Times Publishing [darin: 389]

Anonymus (1958): In: Geographica Helvetica Heft 1. Bern: Verlag Kümmerly und Frey [darin: 50—66]

Anonymus (1959): In: Das Abenteuer lockt. Wien: Kremayr und Scheriau [darin: 226—248, 557]

Anonymus (1960): Il paese rosso dei faraoni. In: Le vie del Mondo Heft Nr. 9: 953—968

Anonymus (1975): In: 150 Jahre österreichische Kautschuk-Industrie. Wien/München/Zürich: Molden [darin: 59]

Fischmann, Lothar (o. J.): Motorsport. Wien: Eigenverlag Arbeiterkammer [darin: 78—79]

Franitzka, Martin (1988): Die großen Motorradreisen unseres Jahrhunderts. o. O.: Eigenverlag [darin: 131]

Kaminski/Unterrieder (1980): Von Österreichern und Chinesen. Wien/München/Zürich: Europaverlag [darin: 648—654]

Keller, Ulrike (2002): Reisende in Arabien. Wien: Promedia [darin: 197—204]

Österreichischer Buchklub der Jugend, Hg. (1982): Die Barke. Horn: Berger [darin: 75]

Österreichischer P.E.N. Club, Hg. (o. J.): Personenregister. Bibliographie [darin: 126]

Prskawetz, Elfi (1996): Wissenschafter und Entdecker. Wien: Jugend und Volk [darin: 25—31]

Reisch, Max [=Maximilian]: siehe Werkeverzeichnis

Solderer, Gottfried (2001): Das 20. Jahrhundert in Südtirol (Bd. 3). Bozen: Edition Raetia [darin: 211]

Zeitungsberichte aus Österreich und Ungarn: z.B. Das Motorrad; Deutschösterreichische Tageszeitung; Innsbrucker Nachrichten; Neue Freie Presse; Neues Wiener Tagblatt; Wiener Mittagszeitung; Wiener Neueste Nachrichten [Überschriften der Zeitungsberichte: "10.000 Kilometer mit dem Motorrad"; "Afrika-Expedition eines Österreichers mit dem Motorrad"; "Auf Puch nach Afrika"; "Bécsböl Tripoliszig motorkerékpáron"; "Das Kleinkraftrad auf großen Reisen"; "Karavànutakon egy 250-es Pucchal"; "Mit dem Kraftrad in die Sahara"; "Mit Motorrad und Zelt nach Afrika"; "Wien-Tripolis auf dem Motorrad"]

WERKEVERZEICHNIS MAXIMILIAN REISCH

Reisch, Max [=Maximilian] (1932): Mit Motorrad und Zelt nach Afrika. [Bericht in 6 Fortsetzungen]. In: Das Motorrad Nr. 181ff

Reisch, Max (1933): Ein Problem — die Unterbringung des Gepäcks. In: Das Motorrad. Berlin: 181—182

Reisch, Max (1939): Transasien. Leipzig: Brockhaus

Reisch, Max (1949): Indien — lockende Ferne. Wien: Ullstein

Reisch, Max (1950): Gewürz und Teekunde (=Broschüre). Wien: Waldheim-Eberle

Reisch, Max (1951): 2 Mann und 32 PS. Wien: Ullstein

Reisch, Max (1953): Im Auto nach Kuweit. Wien: Ullstein

Reisch, Max (1954): König im Morgenland Wien: Ullstein

Reisch, Max (1956): Mit 6 PS durch die Wüste. Wien/Heidelberg: Carl Überreuter

Reisch, Max (1957): Auf nach Afrika, Ullstein, Wien

Reisch, Max (1958): Siwa, Sinai und Sid. Bern: Kümmerly und Frey

Reisch, Max (1962a): Mausefalle Afrika. Neckargemünd: Vowinckel

Reisch, Max (1962b): Strasse der Zehntausend. Wien/München: Österreichischer Bundesverlag

Reisch, Max (1974): Karawanenstraßen Asiens. Wels: Welsermühl

Reisch, Max (1983a): Gedanken über das Reisen. Steyr: Ennsthaler

Reisch, Max (1983b): Gedanken aus dem Orient. Steyr: Ennsthaler

verfasst von: Peter Reisch (Sohn von M. Reisch und Leiter des Max Reisch-Orient-Archiv)

letzte Änderung: 29.01.2010

zu zitieren nach:

Reisch, Peter (2010): Maximilian Reisch. Verfügbar unter

http://www.afrikanistik.at/pdf/personen/reisch_maximilian.pdf (Zugriff Datum, Seite)

Nähere Informationen zum Reisch-Orient-Archiv auf:

http://www.maxreisch.at/

Beiträge zur WissenschaftsgeschichtePersonenPublikationen und MaterialienLinksHome


 



Sollten Sie wider Erwarten noch keine PDF-Dokumente lesen können, gibt es hier den Adobe Reader: